2006-08-18

G�nter Grass: Verkommen zum Event

--- Was treibt nur einen Nobelpreistr�ger wie G�nter Grass im Alter von fast 80 Jahren, sich derart in der �ffentlichkeit zum Event zu stilisieren oder stilisieren zu lassen. Erst "outet" er sich in der FAZ, in der Waffen-SS gewesen zu sein, wobei das nat�rlich alles nicht so schlimm war gem��: ich war jung und wusste nicht, was ich tat. Dann emp�rt sich der Emp�rungsliterat par excellence �ber die Emp�rer und deren Art und Weise hart mit ihm ins Gericht zu gehen (Was erwartet er nach so einer �u�erung an Reaktion? Jubel, respektvolle Huldigung?) ; rechtfertigt sich dann in fast schon bemitleidenswerter Art und Weise (nat�rlich mit regelm��igen Verweisen auf sein jetzt erscheinende Autobiografie) beim d�rftig fragenden Ulrich Wickert in dessen neuer B�chersendung (was dem nat�rlich eine traumhafte Startquote beschert haben d�rfte, was wom�glich die Fragen hat seichter werden lassen) - und bekommt morgen auch noch einen acht Seiten Abdruck seines Buches inklusive Grass-Zeichnungen in der FAZ. In der Zwischenzeit hat der Verlag seine Autobiografie vorab ver�ffentlicht, so dass die erste Auflage mit 130 000 Exemplaren verkauft ist und Grass bei Amazon die Hitparade st�rmt. Da zeigt der Saubermann-Feuillton- und Kulturbetrieb seine wahre Fratze: Spinning im Kulturbetrieb sorgt seit Jahren f�r Selbstvermarktung. So also verdienen alle: die FAZ steigert morgen vermutlich ihre Auflage kr�ftig, Wickert kann behaupten, er mache eine tolle, neue Sendung, Grass und dessen Verlag verdienen wieder einmal pr�chtig.
Das alles muss einen nicht st�ren, allerdings ist es in diesem Fall weder inhaltlich noch von der Person her w�rdig, eher despektierlich. So verabschieden wir uns an dieser Stelle von Grass und suchen uns einen neuen, glaubhaften Moralisten.
Abstimmung im FORUM.

UPDATE: Inzwischen ist heraus gekommen, dass die FAZ schon seit April von der SS-Vergangenheit Grass�gewusst hat, mit ihm und seinem Verlag aber eine sp�tere Ver�ffentlichung vorgezogen hat, um die PR-Effekt f�r alle bestm�glich wirken zu lassen. Dazu schreibt die Berliner Zeitung heute: "Gewiss hat die FAZ nicht die gesamte Kampagne in all ihren Einzelheiten planen k�nnen. Die �ffentlich-rechtliche ARD zum Beispiel Wochen im Voraus zur Verschiebung einer Sendung zu bewegen, das schaffen nicht einmal die Strippenzieher vom Main. Auch bestand die Gefahr, dass doch einer der vertr�umten Rezensenten das Buch nicht nur rechtzeitig gelesen, sondern auch im Wust der feingezwiebelten Scham-Schande-Schuld-Arabesken die inkriminierte "Stelle" in ihrer ganzen Bedeutung begriffen h�tte. Ein wenig Gl�ck geh�rte also dazu.
Die FAZ und ihr gewiefter Herausgeber Frank Schirrmacher haben es aber geschafft, eine mindestens schon im April bekannte Sensation so lange geheim zu halten, bis ihre Enth�llung verlagstechnisch gelegen kam. Der Verlag hatte das Erscheinen des Buches auf September terminiert und konnte den Skandal f�r Werbezwecke gut gebrauchen. Und so haben die FAZ-Journalisten in Absprache mit dem Verlag die brisante Enth�llung aus Marketingaspekten einfach verschwiegen.
Dem Steidl Verlag und G�nter Grass ist zu gratulieren, dass es gelungen ist, eine journalistische Institution wie die FAZ derart in den Dienst einer kommerziellen Sache zu stellen. Frank Schirrmacher wiederum kommt das Verdienst zu, den Kampagnenjournalismus, den man nur aus Schmuddelbl�ttern wie der Bild-Zeitung kannte, in den gehobeneren St�nden salonf�hig gemacht zu haben."

3 Comments:

At 9:31 PM, Anonymous Tom said...

Was, noch kein Kommentar zu so einer guten Analyse des Medienereignisses Grass?! Das ist Krass.
Von mir erstmal danke f�r das von dir geschriebene, und, ach du hast ja so Recht.

Cheers

 
At 11:22 AM, Anonymous Anonym said...

Absolut richtig! Musik

 
At 1:51 PM, Anonymous Anonym said...

Pardon, Mesdames et Messieurs,

Grass, comment?

Ist das nicht irgendein Asteroid im Weltall?

Welch sch�nes Bild... - kein gro�er Stern, sondern ein winzigkleiner...

 

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